Lehrer haben zu viel Arbeitszeit.

Nun sind Lehrer nicht direkt die Berufsgruppe die im Allgemeinen und vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung mit viel und harter Arbeit assoziiert wird. Was also meine ich mit der Behauptung, Lehrer hätten zu viel Arbeitszeit?

Es hält sich hartnäckig das Klischee vom Lehrer, der sich auf seinem Beamtenstatus ausruht, jede Stunde nach einem Jahre alten Schema hält und den Beruf eigentlich aus nur einem Grund gewählt hat: Dem August.

Vielmehr als die Lehrer selbst aber halte ich für den Innovationsdämpfer, wie ein typischer Lehrertag abläuft. Im Großen und Ganzen ist er stark durchgeplant, bestimmt von Stundenplänen und Schulaufgabenplänen. Diese Planwirtschaft lässt kaum Platz für neues, für Projekte, für einfach mal ausprobieren oder Zeit auf ein langfristiges Ziel zu verwenden.

Wie schön könnte Schule sein, wenn jedem Lehrer ein oder zwei Stunden am Tag erlassen würden, damit er sie auf Projekte verwenden könnte? Ein bis zwei Stunden Zeit. Zeit, die man investieren könnte in Lernvideos für Schüler. Zeit, die man investieren könnte in eine Schülerzeitung, die diesem Anspruch gerecht wird. Zeit, die man investieren könnte in die Pflege eines Schulgartens, in dem sich Schüler und Lehrer wohlfühlen und gerne aufhalten.

Die Zeit, die wir täglich in der Schule verbringen – und das ist wirklich viel – sollte nicht ausschließlich einem Ziel im Sinne des Lehrplans dienen müssen, sondern auch eine Investition in die Schule, in das Schulleben und damit in die eigene Zufriedenheit am Arbeitsplatz sein.

Und noch etwas: Projekte von Schülern sollten nicht die Ausnahme sein, sondern die Regel. Wie lernt man denn am effektivsten? Etwa nicht durch das eigene Erleben? An welche Erinnerungen denkt man denn am liebsten zurück? An das eine Mal, als man mit der Klasse etwas erschaffen hat, oder an eine von vielen monotonen Unterrichtsstunden in monotonen Räumen und monotoner Sitzordnung, mit einem monoton redenden und gekleideten Lehrer? Es sollte nicht die Ausnahme sein, dass man in der Schule etwas spannendes und neues erlebt, dass man ein Thema behandelt, das einen Großteil der Klasse wirklich interessiert, dass man mit anderen Schülern zusammenarbeitet, dass man in der Auseinandersetzung mit einem Thema selbst etwas kreiert, anstatt nur zu konsumieren.

Leider sind auch die wenigen male, wenn Schüler wirklich selbst arbeiten dürfen zu stark durchgeplant und verkürzt. Denken wir mal an ein Referat. Nach der Verteilung der Themen bereitet sich ein(e) Schüler(-gruppe) alleine, also ohne die Reise und Recherche mit den Klassenkameraden zu teilen vor, dem Rest der Klasse in 15 Minuten ein Thema vorzustellen.

Auftritt, der/die Schüler trägt/tragen sein/ihr Thema vor, während die Klasse gelangweilt dasitzt, Schluss, kurzer Applaus, vielleicht noch eine Feedbackrunde, Ab, Note. Wenn sich schon Schüler mit einem Thema auseinandersetzen, sollten sie es doch auch diskutieren, aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und ihre Meinungen austauschen.

Auf andere Probleme, wie die zu strikte Trennung von Fächern, unterschiedliche Lehrpläne in den Bundesländern und so weiter möchte ich gar nicht mehr eingehen. Es stellt sich aber doch die Frage, ob man das Schulsystem nicht vollkommen über den Haufen werfen und neu aufbauen sollte. Es scheint ja nicht gar so ideal zu sein, wenn man bedenkt, dass öffentliche Veranstaltungen und Fortbildungen selten der Schule als Ideal in Lernorganisation nacheifern.

Vielleicht haben Lehrer also tatsächlich zu viel Arbeitszeit, um ihre Ideen zu verwirklichen, die Schule zu verbessern und für alle angenehmer und spannender zu gestalten, denn zumindest die Lehrer, mit denen ich gesprochen habe, wären durchaus offen für neue Ansätze und mehr eigene Gestaltung.

Eine Sache noch: Ich finde es traurig, dass viele Menschen froh sind, wenn sie die Schule hinter sich haben und keine Lust (aber auch Gelegenheit) haben, einfach mal vorbeizuschauen, die alten Lehrer zu besuchen und sich mal wieder eine Stunde anzuhören.